Wer immer den Ruf zur Nachfolge vernimmt - ob dieser ganz plötzlich zu hören war oder sich langsam aber stetig bemerkbar machte - wird diese Berufung zu allererst im Lichte Gottes betrachten und im Gebet erwägen müssen. Im persönlichen Gebet werden Klarheit und Sicherheit wachsen, aber auch die Kraft zu einer Antwort auf Gottes Anruf. In dieser Phase der Entscheidungsfindung ist es segensreich durch Wort und Beispiel anderer unterstützt zu werden.
Dies geschieht am besten durch das Kennenlernen einer klösterlichen Gemeinschaft. Möglichkeiten dafür sind in der Abtei St. Walburg die geistlichen Angebote, Au-pair-Aufenthalte (bis zu vier Wochen), Kontakte aller Art (Briefe, Telefonate, E-Mails).
Der Weg zur Ablegung der feierlichen Profess, der endgültigen Anwort auf den Ruf des Heiligen Geistes, geschieht in verschiedenen Abschnitten. Zu Beginn von jedem dieser Schritte bittet die Kandidatin selbst um die Zulassung. Sie erfährt beim Durchlaufen dieser Etappen die wachsende Verbindlichkeit ihres Weges hin zur Ganzhingabe an Gott und zur endgültigen Bindung an die Gemeinschaft. Die Kandidatin erhält in diesen Phasen eine angemessene Ausbildung und ist, wenn auch auf unterschiedliche Weise, der Klostergemeinschaft zugehörig.
Die Ausbildung richtet sich nach den verbindlichen Vorgaben des Kirchenrechts
(CIC 646 ff) und der „Instruktion Cor Orans zur Anwendung der apostolischen Konstitution Vultum Dei quaerere über das kontemplative Leben der Nonne“.
In der Praxis des Alltags erhält die klösterliche Ausbildung aber auch eine Prägung durch die gelebte Tradition, hier konkret durch die Hausbräuche der Abtei St. Walburg.
Zur Ausbildung zählen folgende Abschnitte:
1. Phase des Kennenlernens vor dem Eintritt (ca. 1 Jahr)
2. Das Postulat
Mit der ausdrücklichen Bitte um Aufnahme
ins Kloster, vor Äbtissin und Konvent vorgetragen, und mit Überreichung der Benediktusregel beginnt für die Eingetretene das 12 Monate dauernde Postulat.
Die Postulantin bekräftigt mit ihrer Bitte
ihre Entschlossenheit zu einem schrittweisen Übergang vom weltlichen zum
kontemplativ-monastischen Leben.
Sie nimmt am Gemeinschaftsleben teil,
befolgt die Tagesordnung und lernt
einzelne Arbeitsbereiche kennen.
In der Noviziatsgemeinschaft erhält sie Unterricht und Begleitung durch die Novizenmeisterin bzw. durch eine Schwester mit feierlicher Profess.
3. Das Noviziat
Mit der Einkleidung beginnt das zweijährige Noviziat, das der Novizin helfen soll, durch eine intensivere Ausrichtung auf die wesentlichen Inhalte des geistlichen Lebens tiefer in die eigene Berufung hineinzuwachsen und die innere Bereitschaft zu diesem Weg der Gottsuche zu prüfen.
Die Zeichenhaftigkeit des Ablegens der Zivilkleidung und des Anlegens des Ordensgewandes wird im Ritus der Einkleidung sehr tief gedeutet:
„Zieht den neuen Menschen an, der nach Gottes Bild geschaffen ist, damit ihr wahrhaft gerecht und heilig lebt.“ (vgl. Eph 4,24)
Nach St. Walburger Brauch ist die Novizin am Vormittag in verschiedenen Arbeitsbereichen eingesetzt, die Nachmittagsstunden sind für den Unterricht,
das Eigenstudium und das persönliche Gebet vorgesehen.
4. Erste Profess und die Zeit des Juniorats
Nach Ablauf des kanonischen Noviziats (zweites Noviziatsjahr) und nach der erhaltenen Zustimmung durch den Konvent kann sich die Novizin durch das erstmalige Ablegen der Gelübde für drei Jahre (anschließend nochmals für zwei Jahre) an die Gemeinschaft binden. In den Gelübden der Beständigkeit (Treue zur Berufung und zur Bindung an die Gemeinschaft), des klösterlichen Lebenswandels (Bereitschaft zur ständigen Umkehr und eines Lebens nach der Regel) und des Gehorsams konkretisiert sich die benediktinische Lebensform der Gottsuche. Die Zeit nach der ersten Profess (Juniorat) dient der Schwester zur weiteren Erprobung ihres begonnenen Weges und zur Einübung in den klösterlichen Alltag durch eine noch stärkere Einbindung in den Tagesablauf der Professschwestern und in die Verpflichtungen der Gemeinschaft.
Nach St. Walburger Tradition erhält die Neuprofessin in Ergänzung zum Taufnamen den Ordensnamen. Ihr weißer Novizenschleier wird ausgetauscht mit dem schwarzen Professschleier, auch „Weihel“ genannt.
5. Feierliche (ewige) Profess
Mit der feierlichen Profess stellt die Schwester ihr Leben ganz in den Dienst Gottes und der schwesterlichen Gemeinschaft durch die Ablegung der Gelübde der Beständigkeit, des klösterlichen Lebenswandels und des Gehorsams.
In St. Walburg ist die feierliche Profess stets mit der monastischen Weihe verbunden, die in der Regel vom Eichstätter Ortsbischof erteilt wird. Mit der feierlichen Profess ist die Schwester vollständiges Mitglied der
St. Walburger Klostergemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten.
So sehr die Profess den Abschluss der Noviziatszeit bildet, so sehr ist sie auch der Beginn einer neuen Wegstrecke der ständigen Ausrichtung auf Gott hin und der Treue im Alltag bis zur endgültigen Begegnung mit Gott. (RB 73, 8 und 9)
Jubelprofess
Der Brauch, nach 50 Jahren
ein Professjubiläum zu begehen,
hat in St. Walburg eine jahrhundertealte Tradition. Man sprach sogar von der
„zweiten Profess“.
Seit dem 20. Jahrhundert werden auch
das silberne und das diamantene Jubiläum gefeiert.
Stets geht es darum, in der Gemeinschaft der Schwestern für die Gnade der Berufung, aber auch für die Treue und Beharrlichkeit der Mitschwester zu danken.
Die Noviziatswerkwoche
Seit der Gründung der Föderation der bayerischen Benediktinerinnen-Abteien im Jahr 1986 wird satzungsgemäß jährlich eine Werkwoche für die Noviziate durchgeführt, die reihum in den föderierten Abteien bzw. in befreundeten Klöstern Bayerns stattfindet. Diese Werkwoche, an der die Postulantinnen, die Novizinnen und die zeitlichen Professen sowie die Magistrae der Klöster teilnehmen, dient nicht nur der thematischen Ausbildung, sondern auch dem Austausch und dem Kontakt untereinander, sowie dem Kennenlernen der anderen Abteien.
aus der Konstitution Lumen Gentium 43 (Vat II)
Die evangelischen Räte der gottgeweihten Keuschheit, der Armut und des Gehorsams sind in Wort und Beispiel des Herrn begründet und von den Aposteln und von den Vätern wie auch von den Lehrern und Hirten empfohlen, eine göttliche Gabe, welche die Kirche von ihrem Herrn empfangen hat und in seiner Gnade immer bewahrt.
Vat II, Konstitution Lumen Gentium 44:
Die Lebensform, die der Sohn Gottes annahm, als er in die Welt eintrat, um den Willen des Vaters zu tun, und die er den Jüngern, die ihm nachfolgen vorgelebt hat, ahmt dieser Stand ausdrücklich nach und bringt sie in der Kirche ständig zur Darstellung.