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30.11.2021

"Stimme eines Rufers in der Wüste"

Mit dem Advent und dem Beginn eines neuen Kirchenjahres wird Johannes der Täufer als "Rufer in der Wüste" in der Liturgie wieder ins Blickfeld gerückt.
Die abgebildete spätgotische Statue weist uns Nonnen mehrmals täglich den Weg zum Offizium in die Chorkapelle. Der mahnende Wegweiser fordert eindringlich dazu auf:
"Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen." (Mt 3,3)
Zwei Imperative, die keinen Widerspruch, keine Halbheiten dulden. Kein passives Verharren und Sich-Arrangieren mit den Gegebenheiten, nein, Johannes der Täufer verlangt von uns aktiv zu werden. Es wäre zu einfach, die Hände in den Schoss zu legen und auf das Kommen des Herrn zu warten ohne dafür etwas zu tun - IHM durch unsere ständige Bereitschaft zur Umkehr das Kommen in unsere Herzen erst zu ermöglichen. Johannes der Täufer führt selbst das harte Leben des Büßers in der Wüste und er verlangt auch von seinen Jüngern, daß sie zu ihm hinaus in die Wüste kommen. ("Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus... "(Mt 3,5)) Er hätte auch an behaglicheren Orten rufen können, in den Städten, wo viele Menschen sich aufhielten. Doch die Stille und Unwirtlichkeit einer Wüste hat seiner Stimme vieleicht erst das Gewicht verliehen, das ihr zukommt. Die Großartigkeit der Botschaft, die uns heute noch im Innersten ergreifen muß:
"Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe." (Mt 3,2)
braucht den schweigenden Widerhall und die Trostlosigkeit einer Wüste. "Wo bleibst du Trost der ganzen Welt?" (GL 231, Strophe 4) - wir können vieleicht erst dann mit der ganzen Sehnsucht unseres Herzens auf die Ankunft des Herrn warten, wenn wir begriffen haben, daß die Wüsten unserer Welt, trotz so mancher selbstgewählter Tröstungen, ohne IHN öd, leer und trostlos bleiben. Doch weil uns in der Vergebung der Sünden die Erkenntnis des Heils (Lk 1,77) geschenkt wurde, ist alle irdische Leere und Hoffnungslosigkeit überwunden und die vermeintliche Mühe der Umkehr bringt uns als ungleich größeren Lohn die barmherzige Liebe Gottes.
Die Kurzfassung, sozusagen der tägliche Aufruf zu dieser Umkehr, wird uns immer wieder neu vor Augen geführt mit dem Gesang des neutestamentlichen "Benedictus", das als Impuls für den kommenden Tag den Höhepunkt der morgendlichen Laudes bildet. Nachdem alle Not, aber auch alle Freude und aller Jubel in den vorangeganenen alttestamentlichen Psalmen verklungen ist, folgt es wie der finale Paukenschlag in einer Symphonie:

Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels!
Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen;
er hat uns einen starken Retter erweckt im Hause seines Knechtes David.
So hat er verheißen von alters her durch den Mund seiner heiligen Propheten.
Er hat uns errettet vor unseren Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen;
........
Und du Kind, wirst Prophet des Höchsten heißen, denn du wirst dem Herrn vorangehen und ihm den Weg bereiten.
Du wirst sein Volk mit der Erfahrung des Heils beschenken in der Vergebung der Sünden.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe,
um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, und unsre Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens.

(Lk 1,68-79)