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07.02.2014

Jubiläum: 100 Jahre Wiedererhebung des Klosters St. Walburg zur Abtei

Jubiläum: 100 Jahre Wiedererhebung des Klosters St. Walburg zur Abtei

Am 7. Februar, dem Fest des hl. Richard, des Vaters der Bistumspatrone Willibald und Walburga, gedenkt der Konvent von St. Walburg in Dankbarkeit der Wiedererhebung zur Abtei vor 100 Jahren durch König Ludwig III. von Bayern. Anlaß für unseren H.H. Bischof Gregor Maria, mit uns am Samstag, 8.2. um 6.30 Uhr im Nonnenchor die Hl. Messe zu feiern und mit dem Konvent im Anschluß daran gemeinsam zu frühstücken. Auch der stumme Zeuge dieses historischen Ereignisses, die sog. Abteilinde im Klostergarten, die damals gepflanzt worden war, darf in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag feiern und erfreut sich bester Gesundheit.

 


Hundert Jahre Wiedererhebung des Klosters St. Walburg zur Abtei

von Sr. Maria Magdalena Zunker OSB

 "Um ¾ 3 Uhr läuteten alle Kirchenglocken und unser Klosterglöcklein dazu eine Viertelstunde lang. Das brachte uns noch vollens aus dem Gleichgewicht. Wir gingen ins Freie, um das Geläute recht auf uns wirken zu lassen. Feierlich jubelnd trugen die Glocken über Stadt und Land die Kunde von der Wiedererstehung der alten Abtei, des Heiligtums der hl.Walburga. Wie tief und warm drang diese beredte Sprache uns ins Herz, es war ein Freudengeläute, Friedenstöne, Aufruf zum neuen Leben."

So beschrieb die St. Walburger Chronistin die Reaktion des Konvents, als vor hundert Jahren , am 7. Februar 1914, dem Fest des hl. Richard, des Vaters der Bistumspatrone Willibald und Walburga, die Glocken der Kloster- und Pfarrkirche St. Walburg läuteten, um der Freude darüber Ausdruck zu verleihen, dass König Ludwig III. von Bayern das Kloster St. Walburg wieder zur Abtei erhoben hatte.

Nach der Säkularisation im Jahre 1806 hatte der zum Aussterben verurteilte St. Walburger Konvent fast 30 Jahre standhaft ausgeharrt. Nie ist das Chorgebet in St. Walburg verstummt. Die stets bewahrte Hoffnung der Benediktinerinnen auf den Fortbestand erfüllte sich im Jahre 1835, als  König Ludwig I. von Bayern, unter der Bedingung der Übernahme der Eichstätter Mädchenschule, das im Jahre 1035 durch Graf Leodegar und Bischof Heribert von Eichstätt als Benediktinerinnenabtei gegründete Kloster als Priorat wiedererrichtete. 

Ermutigt durch die im Jahre 1901 erfolgte Abteierhebung des Benediktinerinnenklosters  zu Frauenwörth im Chiemsee hatte Priorin Karolina Kroiß bereits im Oktober 1902 auf die einmütige Bitte des Konvents von St. Walburg hin dem Eichstätter Bischof Franz Leopold Freiherrn von Leonrod (1987-1905), die Bitte vorgetragen, "Hochdieselben möchten huldvollst geruhen", so die Priorin, "in unserem Kloster gleichfalls die Abtei wieder zu errichten. Unsere ehrerbietigste Bitte, geht von dem Gedanken aus, daß es unserem Konvent zum größten Segen gereichen werde, wenn die von der hl. Regel [Benedikts] vorausgesetzte Organisation unserm Kloster wieder zu teil würde, und wir leben in der freudigen Zuversicht, daß Euer Bischöflichen Gnaden dieser unserer Bitte gnädigst entgegenzukommen und dieselbe bei dem Heiligen Stuhle und bei der Königlichen Staatsregierung durch Hochihre Vermittlung zu unterstützen geneigt sein werden." Doch erst unter dem Nachfolger Bischof von Leonrods, Bischof Leo von Mergel  (1905-1932), hatten die Bemühungen um die Abteierhebung Erfolg.

Nachdem am 7. April 1914 aus Rom die kanonische Bestätigung durch Papst Pius X. erfolgt war, fand am Karsamstag, dem 11. April, die Äbtissinnenwahl statt, aus der Priorin Karolina Kroiß hervorging. Der Konvent zählte damals 57 Mitglieder. Etwa die Hälfte von ihnen war als Lehrerinnen in der Schule eingesetzt. Die einstige Lehrerin Karolina Kroiß, deren großes Verwaltungsgeschick sehr gerühmt wurde, hatte bereits  drei Jahre als Assistentin der hochbetagten Priorin Eduarda Schnitzer und nach deren Tod im Jahre 1902 als Priorin segensreich für das Kloster gewirkt. Mit Eifer betrieb sie die Renovierung und Modernisierung der Klostergebäude, die sie mit elektrischem Strom, mit Gas- und Wasserleitungen ausstatten ließ. Auch bemühte sie sich mit Erfolg um eine tragfähige wirtschaftliche Grundlage für den stetig wachsenden Konvent. Erwähnt seien hier der Erwerb des sog. Berggartens sowie des an das Kloster angrenzenden Ökonomiehofes in den Jahren 1902 bis 1903.

Die Äbtissinnenweihe am 23. April wurde mit großer Feierlichkeit in einem Pontifikalamt unter Vorsitz von Bischof Leo von Mergel, in Gegenwart des Abt-Präses Georg Danner von St. Bonifaz, München, sowie der Äbte von Metten, Münster-Schwarzach und Weltenburg und des Erzabtes von St. Ottilien begangen. Als eine ganz besondere Ehre für Kloster und Stadt würdigte man die Teilnahme von Prinzessin Adelgunde, der ältesten Tochter  König Ludwigs III. von Bayern. Ihre Anwesenheit war ein Bekenntnis zu den jahrhundertealten guten Beziehungen des Hauses Wittelsbach zum Kloster St. Walburg. "Eichstätt bereitete sich", so die St. Walburger Chronistin, "gebührend auf den hohen Besuch Ihrer königl. Hoheit vor. Am Eingang der Spitalbrücke wurde ein Triumphbogen errichtet; die Brücke selbst prangte in schönster Dekoration, und die Straßen der Stadt hatten reichen Flaggenschmuck angelegt. Ihre Königl. Hoheit Prinzessin Adelgunde traf in Begleitung ihrer Hofdame, Frau Baronin von Kesling, vormittags nach 8 Uhr aus München am Hauptbahnhof Eichstätt ein, fuhr mit dem Auto zur Stadt und nahm im bischöflichen Palais Absteigequartier. Kurz vor 9 Uhr erfolgte an der großen Freitreppe unter Glockengeläute die Auffahrt Sr. bischöfl. Gnaden und der hochwürdigsten Äbte. Bald nach dem feierlichen Einzug in die Kirche erschien auch Ihre königl. Hoheit in Begleitung ihrer Hofdame Frau Baronin v. Kesling, von der Volksmenge und von den Schulkindern, die weißgekleidet am Wege Spalier bildeten, mit begeistertem Hoch begrüßt. Von einem Seitenoratorium aus nahm der hohe Gast an der kirchlichen Feier teil. In der Festpredigt besprach der hochwürdigste Abt-Präses Gregor Danner die drei Punkte: eine Äbtissin nach St. Benedikts-Regel  soll sein die Mutter, die Schwester und die Magd ihres Klosters.Daran schloss sich das Pontifikalamt mit den ergreifend schönen Zeremonien der Äbtissinnenweihe."

Nach dem Gottesdienst zog der Konvent, der vom Nonnenchor aus der Feier beigewohnt hatte, in den Kapitelsaal, um Äbtissin Karolina zu beglückwünschen. Prinzessin Adelgunde unternahm noch einen kurzen Rundgang durch Kloster und Garten und unterhielt sich, so die Chronistin, "in herablassendster Weise mit den Höchstdieselbe begleitenden Nonnen".

Mit nicht geringem Aufwand war das Festmahl der Gäste vorbereitet worden. Am Vortag waren die drei sog. Fürstenzimmer im zweiten Stock des Abteitrakts (heute Kustodie) als Speisezimmer hergerichtet worden. Mit Draperien wurde das erste Zimmer in den heraldischen Klosterfarben gelb und rot, das zweite, in dem Prinzessin Adelgunde speisen sollte, in den bayerischen Farben weiß und blau, das dritte in den kirchlichen Farben weiß und gelb verziert.  Gemälde und Palmen sowie weitere Zierpflanzen vervollständigten die Ausschmückung. Auf den Speisetafeln "zierte", so die Chronik "ein zartes Sträußchen künstlicher Blumen mit einem Gläschen hl. Walburgisöles jedes Besteck." Am Vorabend des Festes hatte das Kloster die prachtvoll geschmückten Säle einer Anzahl Eichstätter zur Besichtigung freigegeben.

Um 1 Uhr versammelten sich etwa fünfzig Gäste in den Speisezimmern.  "Beim Mahle erhoben sich", so die Chronik, "als auf Wunsch der kgl. Hoheit auch die gnädige Frau Abtissin hereingerufen worden, zuerst S. Bischöfl. Gnaden zum Toast auf ihre Mayestäten den König und die Königin. Das "Hoch" auf den Papst wurde von dem Hochw. Herrn Prälaten Dr. Georg Triller ausgebracht. Dann sprach Herr Bürgermeister Eduard Mager in begeisterten Worten über die verdienstvolle Wirksamkeit der hochwürdigen Mutter seit 15 Jahren und brachte ein "Hoch" auf die Abtissin aus."

Beim von der Chronistin als "bescheiden" bezeichneten Festmahl, das bis um 5 Uhr dauerte, wurde immerhin Folgendes aufgetischt: "Suppe, Forellen, Kartoffeln, Macronen, Andechser Bier, gedämpfte Lenden mit Bohnen und Erbsen, jungen Gemüsen, Weichseln und Paradiesäpfeln, Klosterschinken mit Spargeln und Buttersauce, gesulzte Rouladen, junge Hühner, Salat und Kompott, gelbe Ringlo, Schneeküchle und Nonnenkrapfen, Wein, Moor im Hemd, Butter und Käs-Dessert."

Die vielbeschäftigten klösterlichen Gastgeberinnen hatten ihr Mittagsmahl bereits eingenommen: "Der Konvent hatte um 11 h. Tisch und da ging es hübsch still und eintönig zu. Wir hatten keine Obrigkeit und die meisten Frauen waren anderweitig angestellt. Es gab Andechser Bier, Knödelsuppe, Würstchen, Braten mit Salat, ein Stückchen Torte."

Prinzessin Adelgunde besuchte nach dem Mahl das Grab der hl. Walburga, besichtigte den Dom, das Institut der Englischen Fräulein und weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt. Am Abend kehrte sie nach München zurück, "mit der", so die Chronistin, "wiederholten Versicherung hoher Befriedigung über den in Eichstätts Mauern verbrachten Tag. Er war ein glanzvoller Freudentag, dieser Weihetag der neuen Äbtissin für das uralte Stift St. Walburg. Seit 115 Jahren hat es keine Äbtissinnenweihe mehr gesehen, wohl aber seit der Säkularisation viele schwere und bittere Tage."

Ein wenn auch stummer, sich aber bester Gesundheit und vollster Lebenskraft erfreuender Zeitzeuge der damaligen Feierlichkeiten lebt in unserem Klostergarten: Bereits am 20. April  war nämlich im wenige Jahre zuvor erworbenen St. Walburger Berggarten an der Grenze zum  sog. Ökonomiehof die Pflanzung der sog. Abteilinde erfolgt:

Die Chronik berichtet: "Nach dem Mittagstisch fand die feierliche Pflanzung der Abteilinde statt, zum Andenken an die Wiedererhebung der Abtei, der Wahl und Benediktion der ersten Äbtissin. Den Baum stiftete Herr Direktor Kroiß aus Würzburg; er ist schön gewachsen und bekam ein gutes Plätzchen links des Weges, zwischen den zwei Türmen. Hochwürdige Mutter, Frau Priorin, Frau Subpriorin legten bei der Pflanzung Hand an und Magistratsrat Heißler besorgte die knechtische Arbeit. Jede der Frauen gab ihm eine Kanne Wasser drauf. Man wünschte dem Baum Wachstum und Gedeihen und gab ihm Grüße auf für alle, die in hundert und zweihundert Jahren in seinem Schatten sitzen werden."

Die erste der beiden von der Chronistin genannten Etappen wurde in diesem Jahr erreicht: Auch nach hundert Jahren bewundern die Benediktinerinnen der Abtei St. Walburg beim Gartenspaziergang den stattlichen, wunderschön gewachsenen Baum. Und ganz gewiss werden sie sich im kommenden Sommer, besonders an heißen Tagen, über die schattenspendenden "Grüße" des mächtigen Baumes freuen, die ihnen seine im vollen Laub stehenden, weitausladenden Äste schenken werden.