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09.05.2022

Einweihungsfest von Haus St. Anna

Nach nunmehr rund sechsjähriger Bauzeit - rechnet man das 2016 erfolgte Vorprojekt mit dazu - durften wir am Samstag, 7. Mai 2022, mit der Einweihung des generalsanierten historischen Gästehauses der Abtei endlich den Abschluß dieser gewaltigen, für alle Beteiligten nicht selten belastenden und kräftezehrenden Baumaßnahme feiern. Gleichsam als Tagesmotto konnte uns der Psalmvers aus der Liturgie der österlichen Zeit "Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat!" (Ps 118,24) durch die Feierlichkeiten begleiten. Ein rundum gelungenes Fest, nicht zuletzt durch die überaus günstigen Wetterverhältnisse, was einmal mehr bewies, daß unser Gästehausprojekt unter dem Schutz und Segen Gottes stand. Wenngleich während der Rede Mutter Hildegards zu Beginn des Festaktes, der "unter der Linde" vor der Westfassade des Hauses St. Anna im Freien stattfand, eine aufmüpfige graue Wolke der Meinung war, sie müsste die Festgemeinde mit einigen Regentropfen einschüchtern, wurde das kurze feuchte Intermezzo durch den energischen Ausspruch der amtierenden Äbtissin "es regnet NICHT", rasch beendet. Bezeichnenderweise zeigte sich der Himmel über Eichstätt pünktlich zum Erklingen der Bayernhymne in klassisch strahlendem Weiss und Blau. Von einigen Gästen wurde dies auch spontan als Segenserweis von oben gewertet.
Ein kleiner erzählerischer "Spaziergang" durch den Festtag möchte Ihnen ein paar Eindrücke vermitteln.
Begonnen hatte die Danksagung mit dem Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Walburg, den unser Hochwürdigster Herr Bischof Gregor M. Hanke OSB mit uns feierte. In seiner Festpredigt nahm der Bischof Bezug auf das Kapitel 53 aus der Regel unseres heiligen Ordensvaters Benedikt "Die Aufnahme der Gäste", insbesondere auf den ersten Vers dieses Kapitels: "Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus; denn er wird sagen:"Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen." Den Begriff der Fremdheit, mit der wir tagtäglich konfrontiert werden, sei es die unserer Mitmenschen, oder auch die Fremdheit in uns selbst, führte Hanke in seiner Ansprache weiter aus. Es gehe nicht nur um unsere barmherzige, vorurteilsfreie Aufnahme fremder Menschen, es sei auch essentiell für ein harmonisches Miteinander, sich mit der Fremdheit im eigenen Inneren auseinander zu setzten und sich damit ein Stück weit zu versöhnen. Dies führe - so der Bischof - zu einer gereiften Persönlichkeit, wie sie der hl. Benedikt auch in der Person des Mitbruders/der Mitschwester sieht, die den Dienst an der Klosterpforte versieht. Um dem Fremden, dem Anderen, der uns begegnet mit der gebürenden Wertschätzung und Großzügigkeit begegnen zu können, muß ich mit meinen eigenen "Fremdheiten" vertraut und versöhnt sein.
Nach dem Festgottesdienst, den Bischof Gregor Maria in Konzelebration mit Domkapitular Reinhard Kürzinger und unserem Hausgeistlichen, Pfarrer Tobias Göttle, feierte, begaben sich die Gäste auf den westlich des Hauses St. Anna gelegenen kleinen Platz unter der Linde, auf dem die Firma Buchner am Vortag ein robustes Rednerpodium errichtet hatte, welches das Bodengefälle ausglich und ein "Umfallen" der jeweiligen Redner verhinderte. Den musikalischen Rahmen des Festaktes gestaltete dankenswerterweise das altbewährte Bläserquintett "Eichiner Buam". Das erste Wort hatte Äbtissin Mutter Hildegard OSB, die nach der Begrüßung der Gäste und Worten des Dankes kurz auf die Bedeutung des Gebäudes einging und sich nicht scheute, ihre anfänglichen Probleme und Einarbeitungsschwierigkeiten mit der Materie "Sanierung und Denkmalschutz" zu thematisieren. Als erst vor gut 3 Jahren aus der sog. "Neuen Welt" übersiedelt, war Denkmalschutz in ihrem bisherigen Ordensleben kein Thema gewesen. Doch mit jeder Baubesprechung wuchs Mutter Hildegards Verständnis für das neue Aufgabenfeld, was auch Architekt Ulrich Beringer in seiner Rede lobend erwähnte. In ihrer Ansprache hob Äbtissin Hildegard immer wieder die wichtige Rolle ihrer Vorgängerin heraus, die sie mit großem Sachverstand und langjähriger Bauerfahrung geduldig in die zu ihrem Amtsantritt im Februar 2019 bereits laufende Baumaßnahme einführte und ihr mit Rat und Tat zur Seite stand. Als "Projektleiterin" der umfangreichen Sanierung sei Mutter Franziska für sie eine unverzichtbare Stütze gewesen, wie sie rundum anerkannte.
Im Anschluß sprach für die Große Kreisstadt Eichstätt Oberbürgermeister Josef Grienberger, der sichtlich erfreut war, zu diesem schönen Anlaß eine Rede halten zu dürfen, zumal er seit Beginn seiner Amtszeit vor 2 Jahren coronabedingt noch kaum Gelegenheit hatte, bei einem Festakt unter "normalen" Umständen zu sprechen. Wenngleich er zu Beginn humorvoll bemerkte, er sei schon etwas nervös, ausgerechnet vor seiner alten Grundschule und den darin tätigen ehemaligen Lehrerinnen eine Rede zu halten, sprach er frei über den wertvollen Beitrag, den ein so gründlich und mit Fingerspitzengefühl saniertes Barockhaus für das gesamte Stadtbild und die Lebensqualität der Stadt Eichstätt leistet. Bei ihm verhalte es sich ähnlich wie bei Mutter Hildegard, er sei bislang noch relativ wenig mit denkmalgeschützten Gebäuden erfahren und auch er unterstrich, wie wertvoll in dieser Hinsicht das Fachwissen und vor allem die 34jährige Erfahrung der Äbtissin emerita gewesen sei. Diese Ansicht zog sich im übrigen wie ein roter Faden durch sämtliche Festreden. Am Ende seiner Ansprache erwähnte Oberbürgermeister Grienberger den Begriff Nachhaltigkeit, ein Thema, das uns alle angehe. Die Sanierung des historischen Gästehauses der Abtei sei in diesem Sinne ein nicht zu unterschätzender Beitrag und habe Vorbildcharakter.
Nach OB Grienberger hatte der Fachgebietsleiter für Städtebauförderung an der Regierung von Oberbayern, Prof. Christian Schiebel das Wort. Er erläuterte in groben Zügen die Kriterien, die zu erfüllen sind, um in das Städtebauförderungs-Programm aufgenommen zu werden. Vor allem aber betonte Prof. Schiebel, in welch hohem Maße die Sanierung und Wieder-Bewohnbar-Machung alter Gebäude der in heutiger Zeit vielzitierten Nachhaltigkeit Rechnung trägt. Es sei in jedem Falle resourcenschonender, die alten Stadtkerne als Lebensräume für die Menschen zu erhalten, statt "gesichtslose Trabantenstädte auf dem freien Feld aus dem Boden zu stampfen". Außerdem würden dadurch immer mehr natürliche Lebensräume durch Bodenversiegelung unwiderbringlich zerstört. Insofern - so Schiebel - sei es ein sehr moderner, zukunftsweisender Gedanke, der der Sanierung von Altbauten zugrunde liegt und keineswegs - wie oft behauptet - ein Zurück in längst vergangene, überkommene Zeiten. Dies sei eben eine der Grundintentionen der Förderinitiative "Innen statt Außen" des Freistaates Bayern.
Als letztes Grußwort folgte die Rede von Frau Dr. Susanne Fischer, der Abteilungsleiterin und 2. Stellvertreterin des Generalkonservators vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Sie betonte, daß das Haus St. Anna das beste Beispiel für eine überaus gelungene Sanierung eines Barockgebäudes darstellt, bei dem von allen Beteiligten während der Planungs- und Bauzeit in beständigem Ringen um die gute Sache das bestmögliche Ergebnis erzielt werden konnte. Dieses Verständnis für den Sinn wahrer Denkmalpflege sei bereits im Jahr 2009 mit der Verleihung der Denkmalschutzmedaille an Mutter Franziska gewürdigt worden. Dies sei - so Fischer - eine Zusammenarbeit gewesen, wie man sie sich nur wünschen könne. Das Denkmalamt sei eine überaus wichtige Instanz, die nicht als Blockade für den Bauherren dienen soll, sondern wichtige Hilfen geben kann auf dem Weg zu einer gelungenen Altbausanierung. Im Falle von Haus St. Anna seien die beantragten finanziellen Fördermittel aus dem sog. E-Fonds äußerst sinnvoll angelegt worden. Sie brachte auch ihre Freude darüber zum Ausdruck, daß unser Gebietsreferent beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Herr Marc Jumpers zu seinem Amtsantritt mit der Generalsanierung des historischen Gästehauses der Abtei einen schönen, gelungenen Einstieg fand. Mit uns dankte sie ihm für seine kompetente und umsichtige Betreuung des Projekts, daß ihm auch eine Herzensangelegenheit wurde. Darüberhinaus hob Frau Dr. Fischer - zum allgemeinen Amüsement - ihre Fähigkeiten als Prophetin hervor: sie habe der Bauherrin (damals noch Mutter Franziska) schon vor fünf Jahren, als noch viele Unwägbarkeiten und lange Durststrecken auf dem Weg zur Fertigstellung vor ihr lagen, prophezeit, dieses Haus würde "wunderschön" werden. Und diese Vorhersage habe sich total bewahrheitet.
Nach einer musikalischen "Verschnaufpause" kam der verantwortliche Architekt Ulrich Beringer ans Rednerpult und dankte zu Beginn seiner Ansprache für das große Vertrauen, daß ihm Äbtissin und Konvent entgegengebracht hatten. Dann brachte Beringer den Gästen seine Gedanken zur Architektur von St. Anna nahe. Er bezog sich dabei auf die drei Grundbegriffe der Architektur, Stabilitas, Utilitas und Anmut und Schönheit, wie sie einst der römische Architekturgelehrte Vitruvius in seinem Standardwerk über das Bauen darlegte. Auf den ersten Grundsatz bezogen beinhalte dies eine gewisse "Firmitas" - eine Stärke und Stabilität, die der Wohnraum haben sollte. Kein "Haus auf Sand gebaut", sondern eine Verankerung in Grund und Boden, die - im Falle unseres Hauses - mit Stützpfeilern bis auf Altmühl-Niveau Sicherheit und Stand gibt. Neben der Utilitas - der komfortablen Nutzbarkeit für den Bewohner, beispielsweise der Einbau von heute üblichen Nasszellen oder eines Aufzugs, steht nicht zuletzt auch die Anmut und Schönheit des Gebäudes im Blick des Architekten. Trotz aller Zweckmäßigkeit muß das gesamte Bauwerk ein harmonisches Ganzes ergeben - von innen wie von außen gesehn, was bei Haus St. Anna perfekt gelungen ist.
Als krönenden Abschluß und eigentlichen Anlaß der Feierlichkeiten nahm der Spiritual der Abtei St. Walburg, Pfarrer Tobias Göttle, die Weihe des Hauses vor. Bei seinen einleitenden Worten lenkte er die Gedanken der Festgemeinde von der barocken Großzügigkeit des Bauwerks auf die uns alle umgebende Güte und Großzügigkeit Gottes, der uns "ja auch Tag für Tag aushalten muß", so, wie das Haus nun dafür gerüstet worden sei, seine künftigen Bewohner "auszuhalten" und zu beheimaten. Schnellen Schrittes wurde, unter Begleitung der Assistenz mit Weihrauch und Weihwasser, das gesamte Haus begangen und geweiht, während draußen die symbolische Schlüsselübergabe des Architekten an die Äbtissin erfolgte. Denn inzwischen war der Zeitplan schon etwas aus den Fugen geraten und das für 12.30 Uhr bestellte Mittagessen für die Festgemeinde mußte bis 13.15 Uhr warm gehalten werden - kein Problem - inzwischen schien ja fest die Sonne von einem weiss-blauen Himmel! Dieser wurde denn auch - mehr oder weniger kräftig - mit der abschließenden Bayernhymne, intoniert durch die Eichiner-Buam, gebührend besungen.
Danach machten sich die Gäste über den Schulhof auf den Weg in den Pfortenhof, wo man sich ein bayerisches Mittagessen mit Bier vom Fass schmecken ließ. Von 14 Uhr bis 18 Uhr hatten alle - geladene Gäste und interessierte Eichstätter Bürger - die Möglichkeit, das historische Gästehaus in Augenschein zu nehmen, was gerne genutzt wurde. Die anwesenden Nonnen, die die Besucherströme etwas leiten sollten, standen Rede und Antwort und es ergaben sich manche interessante Gespräche und Begegungen. Geistlichen Abschluß fand der Tag mit der lateinischen Vesper, die die Gäste zusammen mit den Benediktinerinnen in der Pfarrkirche St. Walburg singen konnten.
Am Ende eines gelungenen, harmonischen Festtages steht immer der Dank an alle, die an diesem Werk beteiligt waren. Vor allem aber danken wir Gott, der seine schützende Hand zum Gelingen darüber ausgebreitet hat.